Die Geschichte hinter dem Dreikönigskuchen
Landauf, landab werden heute Dreikönigskuchen gegessen und Königinnen und Könige für einen Tag gekrönt. Die Geschichte hinter dem Traditionsgebäck reicht bis zu den Römern zurück.
Landauf, landab werden heute Dreikönigskuchen gegessen und Königinnen und Könige für einen Tag gekrönt. Die Geschichte hinter dem Traditionsgebäck reicht bis zu den Römern zurück.
Furttal. In der Schweiz kennen wir zwar keine Monarchie, dennoch wird das Furttal heute von zahlreichen Königinnen und Königen regiert. Alles, was es zur Krönung braucht, ist einen Dreikönigskuchen und eine Portion Glück in zweierlei Hinsicht: Einerseits muss die begehrte Königsfigur erst im ausgewählten Brötchen versteckt sein, andererseits soll der Biss auf das Kunststofffigürchen möglichst schmerzfrei ablaufen. Rund 1,5 Millionen Dreikönigskuchen werden hierzulande jährlich produziert, das entspricht ungefähr einem Kuchen pro Haushalt. Es ist das beliebteste Brauchtumsgebäck der Schweiz.
Seinen Ursprung hat der Dreikönigskuchen im alten Rom im fünften Jahrhundert vor Christus. Zu Ehren des Gottes Saturn wurde nach ausgebrachter Wintersaat jährlich ein Volksfest veranstaltet, zu dem ein Kuchen mit einer versteckten Bohne darin gebacken wurde – dem sogenannten Bohnenkuchen. Der Finder durfte sich Bohnenkönig nennen und hatte einen Tag lang das Zepter in der Hand. Was der Neoregent befahl, galt es, möglichst zu befolgen. Mit dem Einmarsch der römischen Legionen in der Schweiz fand der Brauch Einzug in die Region. In manchen Erzählungen bekamen auch Sklaven ein Stück des Kuchens ab. «Vom Sklaven zum König für einen Tag» ist zwar eine faszinierende Vorstellung, die Quellenlage dazu ist allerdings dünn.
Die Popularität um den runden Königskranz besteht in der Schweiz aber erst seit rund 70 Jahren. Während zuvor der Bohnenkuchen nur in einzelnen Kantonen bekannt war, grub der Basler Volkskundler und Brotforscher Max Währen in den 1950er-Jahren die Tradition des Bohnenkuchens aus und versah diesen mit einer neuen Form – der heutige Dreikönigskuchen war geboren. In Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Bäcker- und Confiseurmeister-Verband kreierte Max Währen in der in Luzern stationierten Bäcker-Fachschule Richemont das Rezept. Die erstmalige Lancierung des Brauches und die Aktion waren ein grosser Erfolg, es wurden nämlich 1953 in der Schweiz etwa 50 000 Dreikönigskuchen verkauft. Bald schon sprangen Migros und Coop auf den Zug auf und verbreiteten das Gebäck im ganzen Land.
Hefe, Butter, Sultaninen und Mandeln – die Zutaten für das «königliche» Gebäck sind hochwertig. Die Form ist immer gleich und trägt viel zum Wiedererkennungswert des Dreikönigskuchens bei: Runde Kuchenstücke werden als Kranz um ein Mittelstück gesetzt, darauf befindet sich eine Krone aus Plastik oder Karton. Der eingebackene Kunststoff-König befindet sich dabei niemals in der Mitte. Die Tradition präsentiert sich heute vor allem als Familienbrauch, wird aber auch in Vereinen, in Schulen und Kindergärten sowie am Arbeitsplatz zelebriert. Und dem Zeitgeist entsprechend sind heute längst nicht mehr alle versteckten königlichen Figürchen männlich. In der Romandie sind Königinnen sogar verbreiteter als Könige.
Auch in anderen Ländern werden am 6. Januar Kuchen verzehrt – und das in unterschiedlichen Formen. So wird etwa in Spanien noch immer eine Bohne im Gebäck versteckt, in Mexiko hingegen Figuren aus Porzellan oder Keramik eingebacken. Ob sich die Wünsche der Furttaler Königinnen und Könige heute erfüllen, hängt in erster Linie vom Gehorsam der kurzzeitig Untergebenen ab. Spätestens morgen dürfte hingegen die Rückkehr zur bewährten Demokratie erfolgen. (dom)
Quelle: Konrad J. Kuhn, «Dreikönigskuchen: Ein Brauch der Gegenwart zwischen ritueller Funktion, Archaisierung und Kommerz»
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