«Er war ein Dorf-Original»: Stiftungsratspräsidentin Regine Rauch-Straub vor einem Porträt von Walter Kaufmann im Gemeinschaftszentrum 90i. Bild: mak
19.05.2023 06:00
In zehn Jahren knapp 100 Projekte unterstützt
Sein Vermögen solle der Rümlanger Bevölkerung fünf Jahrzehnte lang zugutekommen, verfügte der Landwirt Walter Kaufmann testamentarisch. Seit 2013 fördert die gleichnamige Stiftung die vielfältige Dorfkultur.
Rümlang. Das jüngste ist mit Abstand auch das grösste der knapp 100 unterstützten Projekte, auf die der Stiftungsrat der Walter-Kaufmann-Stiftung seit Aufnahme der Tätigkeit im Jahr 2013 zurückblicken kann. «Ein schöner und besonderer Zufall, dass wir die Eröffnung des Gemeinschaftszentrums 90i in unserem Jubiläumsjahr feiern konnten», freut sich Stiftungsratspräsidentin Regine Rauch-Straub. Den Bau mit 650 000 Franken finanziell unterstützen und ermöglichen zu können, sei «ein grosses Privileg».
Das Haus spiegle den Zweck der Stiftung vielfältig wider, zu der die Begegnung der Bevölkerung, die Förderung des kulturellen Lebens und damit die nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität zählen. Die Einweihungsfeier sei einem kleinen Dorffest gleichgekommen – von der bunten Programmgestaltung und Verpflegung mit Beteiligung der Vereine bis zum Ansturm der Besucher quer durch alle Altersschichten, darunter zahlreiche Familien. «Walter Kaufmann hätte es gefallen», ist die Stiftungsratspräsidentin überzeugt. «Er mochte es, in der Gemeinschaft und unter Menschen zu sein.»
Zeichen der Verbundenheit
Ein «Dorf-Original» nennt sie den 2011 91-jährig verstorbenen, unverheirateten Landwirt. Von einem Gehörschaden betroffen, habe er von Kind auf kein einfaches Leben gehabt. Umso eindrücklicher sei die Grosszügigkeit, die nach seinem Ableben zu errichtende «Walter Kaufmann-Stiftung» als Alleinerbin einzusetzen. Als Geschenk an die Einwohnerinnen und Einwohner soll diese während 50 Jahren im Sinne des Stifters in der Gemeinde Rümlang gemeinnützig wirken und dann abgeschlossen sein. «Ein schöner Gedanke und Zeichen seiner Verbundenheit mit dem Dorf», sagt Regine Rauch-Straub: «In Rümlang, wo er daheim und bis ins hohe Alter aktiv war, lebt er so noch viele Jahrzehnte weiter.»
Die vermögende Stiftung gewährt Beiträge zur Förderung der Dorfkultur an gemeinnützige, kirchliche, kulturelle, sportliche und wohltätige Einrichtungen in Rümlang, jedoch keine Direkthilfen an Privatpersonen. Breit präsentiert sich die Themenvielfalt der in den ersten zehn Jahren unterstützten Projekte, die auf der Website der Stiftung nachzulesen sind. Sie reichen vom Sonnensegel für den Dorfplatz (2013) und Ruderalflächen am Bahndamm (2015), der Erneuerung des evangelisch-reformierten Kirchgemeindehauses (2016), Gwändli für Jugend und Vereinstrainer des Turnvereins (2020), Buchprojekte und Konzerte, diverse Anlässe für Senioren bis hin zu Waldtagen für Schulkinder, welche im vergangenen Jahr vom Forst Rümlang ins Leben gerufen wurden. Wiederkehrenden Projekten wie diesem werde für bis zu fünf Jahre Unterstützung zugesprochen, bevor darüber neu entschieden wird, erläutert Regine Rauch-Straub: «Oftmals müssen sich Projekte erst einspielen. Dies gibt den Beteiligten die nötige Planungssicherheit.»
Viermal im Jahr trifft sich der dreiköpfige Stiftungsrat, dem neben Regine Rauch-Straub als Rümlangerin ohne öffentliches Amt Jürg Bischofberger als Vertreter der Zürcher Kantonalbank und Michaela Oberli als Mitglied des Gemeinderates angehören, um über die bei der Stiftung eingereichten Gesuche zu entscheiden. «In der Regel sind wir nicht die einzige angefragte und unterstützende Institution. Zudem fordern wir stets eine Eigenleistung der Antragssteller ein, die sich auch in tatkräftigem Engagement zeigen kann», erklärt Regine Rauch-Straub.
Erinnern und würdigen
Es sei dem Stiftungsrat ein Anliegen, immer wieder daran zu erinnern, wie aussergewöhnlich das Geschenk des Stifters sei und ihn selbst entsprechend zu würdigen, betont die Präsidentin. So wurde der grösste Saal im Kirchgemeindehaus nach Walter Kaufmann benannt, am Eingang des neuen Begegnungszentrums 90i weist ein Schild auf die finanzielle Unterstützung hin, sein von der Oberhasler Künstlerin Doloris Staudenmaier gemaltes Porträt schmückt den Flur.
2020 wäre Walter Kaufmann einhundert Jahre geworden. Dies zum Anlass nehmend, befasste sich eine Folge der von Giorgio Ciroli, Leiter der Rümlanger Gemeindeverwaltung, initiierten Video-Reihe «Oral History», die auf dem Youtube-Kanal der Gemeinde zu sehen ist, mit Walter Kaufmanns Leben und Wirken. Der Film feierte am damaligen Neujahrsapéro Premiere, den die Stiftung gemeinsam mit dem Elektrizitätswerk Rümlang ausrichtete. Das EWR hatte das Elternhaus des Landwirts im Kirchbrunnen, ein denkmalgeschütztes Bauernhaus von 1758, dereinst gekauft und zu einem schmucken Mehrfamilienhaus umbauen lassen. Auch das Neujahrsblatt 2020 war dem Vermächtnis des Landwirts gewidmet.
«Rümlang lebt – durch die zahlreichen Vereine, Einrichtungen und Institutionen sowie die vielen Menschen, die sich im Dorf engagieren», fasst Regine Rauch-Straub zusammen. «Wir freuen uns darauf, diese mit der Stiftung zu unterstützen und noch viele Begegnungen zu ermöglichen. Welche spannenden Projekte es in Zukunft sein werden, davon lassen wir uns gerne überraschen.»
Weitere Informationen und alle Projekte unter walterkaufmannstiftung.ch
Martina Kleinsorg