Mit Kampfkunst zu mehr Selbstvertrauen
Eltern haben oft Vorbehalte, ihre Kinder in eine Kampfschule zu schicken. Zu Unrecht, wie drei Kampflehrpersonen erzählen. Nebst dem körperlichen Training steht vor allem die Charakterbildung im Zentrum.
Eltern haben oft Vorbehalte, ihre Kinder in eine Kampfschule zu schicken. Zu Unrecht, wie drei Kampflehrpersonen erzählen. Nebst dem körperlichen Training steht vor allem die Charakterbildung im Zentrum.
Region. Kampfkünste wie Judo, Taekwondo und Kung-Fu werden auch bei Kindern ein beliebtes Hobby. Bereits ab dem Alter von drei Jahren bieten Kampfschulen entsprechende Kurse an. Kämpfende Kleinkinder? «Lernen sie dort, sich zu verteidigen oder eher, wie man sich auf dem Pausenplatz besser prügelt?» – nicht selten stellen sich Eltern Fragen wie diese, wenn es um ihre Kinder geht. Dabei sind ihre Bedenken in den meisten Fällen unbegründet. Selbstverteidigung für Kinder zielt nicht darauf ab, dass die Kinder sich in tatsächliche Kämpfe stürzen. Hauptsächlich konzentriert sich das Training darauf, das Selbstvertrauen und die Selbstsicherheit von Kindern zu fördern.
Kampfsport, Kampfkunst und Selbstverteidigung werden oft gleichgesetzt. Während im Kampfsport der Wettkampf im Vordergrund steht und nach Regeln gekämpft wird, betont Kampfkunst neben dem körperlichen Training den geistigen Aspekt. Zur Selbstverteidigung gehören der regellose Kampf, Szenariotrainings, Achtsamkeit und Vorkampfverhalten. «Bei uns wird nicht trainiert, wie man am besten einen Kampf anfängt, sondern wie die Kinder einen solchen vermeiden können», sagt Andrina Rindlisbacher, Wing-Tsun-Lehrerin an der Kung-Fu-Schule Body-Mind-Soul in Buchs. Auch Jeton Berisha, Inhaber von Taekwondo Bülach, bekräftigt: «Wir üben uns nur in Selbstverteidigung, entsprechend sind Angriffstechniken nicht Bestandteil unseres Trainings.»
Spielerisches Kräftemessen ist bei Kindern ein gängiges Verhalten. Natürlich sollte das Rangeln nicht eskalieren. Das Kampfkunst-Training kann dabei Ängste schüren, ungewollt aggressive Tendenzen bei Kindern hervorzubringen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: «Sportarten zur Selbstverteidigung wie etwa Wing-Tsun, ein Kung-Fu-Stil, lehren Kindern, ihre Kraft zu kontrollieren und kanalisieren», so Andrina Rindlisbacher. Auch Denise Rössler, Schulleiterin von Wing-Tsun-Fit Bülach, sagt: «Kinder wissen oft nicht, wie stark sie sind.» Das Meistern einer Kampfkunst verlangt Selbstdisziplin, Konzentration sowie Ausdauer und bedingt eine ausgeprägte Wahrnehmung des eigenen Körpers. Auch das respektvolle Verhalten untereinander ist ein zentraler Bestandteil.
«Kleinkindern bringen wir auf spielerische Weise bei, wie sie sich mit Gestik, Mimik und Worten durchsetzen können», sagt Andrina Rindlisbacher. Gleichzeitig wird laut Jeton Berisha auch die Disziplin geschult: «Selbst Kinder, die bereits verhaltensauffällig waren, lernen, sich auch in einer Gruppe ruhig zu verhalten und Regeln zu befolgen.» Es gehe darum, altersgerecht an die verschiedenen Techniken heranzuführen, so Denise Rössler: «Wir vermitteln immer ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander.»
Selbstverteidigung für Kinder beinhaltet auch gezielten Kraftaufbau, wodurch unter anderem die Halte- und Stützmuskulatur trainiert wird. Da Körperspannung für eine korrekte Ausübung aller Kampfkünste ausschlaggebend ist, verbessert sich die Haltung und Beweglichkeit, auch die Koordinationsfähigkeiten und der Gleichgewichtssinn werden gefördert. Der Unterricht kann dabei helfen, dass Kinder besonnener auf ungewisse Situationen reagieren. «Unsichere Kinder können ihr Selbstvertrauen und ihr Selbstwertgefühl steigern», sagt Denise Rössler. Kinder lernen selbstbewusster aufzutreten und können sich so auch gewaltlos gegen Ungerechtigkeiten verteidigen. «Beispielsweise soll der Kopf beim Gehen nicht nur nach unten gerichtet sein», so Andrina Rindlisbacher.
Eine altersgerechte Herangehensweise an den Sport hält auch das Verletzungsrisiko gering. Training in Kampfkünsten verdeutlicht Kindern, dass Gewalt immer Konsequenzen hat. Selbstverteidigung für Kinder leistet so einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung der sozialen Fähigkeiten. Ein aussergewöhnliches Hobby, das sowohl den Körper als auch den Charakter formt.
Dominik Müller
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