Oberglatt will seine alte Brücke zurück
Der Kanton Zürich plant im Rahmen der Glattumlegung, die Grubenmann-Brücke von Rümlang nach Höri zu zügeln. Dort aber will man sie gar nicht. Dafür in Oberglatt, wo die Brücke einst stand.
Die Grubenmann-Brücke in Rümlang soll gemäss den Plänen des Kantons nach Höri umziehen. Bild: sti
Der Kanton Zürich plant im Rahmen der Glattumlegung, die Grubenmann-Brücke von Rümlang nach Höri zu zügeln. Dort aber will man sie gar nicht. Dafür in Oberglatt, wo die Brücke einst stand.
Rümlang/Region. Die mehr als 250-jährige Grubenmann-Brücke in Rümlang soll gemäss den Plänen des Kantons Zürich nach Höri verlegt werden und dort als Verlängerung der Weingartenstrasse, nahe der Autobrücke in Oberhöri, über die Glatt führen. Sie erfüllt am bisherigen Standort wegen der geplanten Glattrevitalisierung und der Verlegung des Radwegs künftig keinen kantonalen Zweck mehr. Ein solcher muss aber gegeben sein, damit der Kanton eine Brücke unterhält.
«Die Holzbrücke schafft am neuen Standort eine sichere und normkonforme Querung der Glatt. Dies ist besonders aufgrund der Lage der Bushaltestellen relevant, da ohne die Brücke eine Anbindung an die Hochfelderstrasse respektive die anschliessenden Wohnquartiere fehlt», so die Begründung. Ebenfalls könne das Ortsbild mit der historischen Holzbrücke aufgewertet werden, ist man beim Kanton überzeugt. Ein weiteres Ziel: die Instand- und Werterhaltung der historischen Brücke. Sie ist seit 40 Jahren mit der höchsten Einstufung im Inventar historischer Verkehrswege aufgeführt.
Ein entsprechendes Vorprojekt lag Ende letzten Jahres öffentlich auf. Der Standort wurde in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Höri ermittelt und vom dortigen Gemeinderat festgelegt. «Aus Sicht des Kantons ist der Standort ideal, weil er dort ein Radwegprojekt plant, welches die Glatt überquert und eine Brücke braucht», erklärt Thomas Maag, Kommunikationsverantwortlicher der kantonalen Baudirektion.
Gemäss den Berechnungen des Kantons dauert der Umzug rund fünf Monate und kostet gut zwei Millionen Franken. Diese Kosten und den Unterhalt der Brücke – bis zum Bau der Umfahrungsstrasse Höri – übernimmt der Kanton. Später soll die Brücke gemäss Plan Eigentum der Gemeinde Höri werden.
Gegen das Vorprojekt gab es in der Folge verschiedene Einwendungen. Die meisten davon stammen aus der mit dem Bauwerk beglückten Gemeinde: Thomas Maag: «Die Einwendungen kamen grösstenteils aus Höri, von Einwohnerinnen und Einwohnern, welche die Brücke nicht in Höri haben wollen.»
Auch der Gemeinderat schreibt daraufhin in einer Mitteilung: «Die Bevölkerung hat während der Auflagefrist rege das Gespräch gesucht. Die einstimmigen Rückmeldungen lauten, dass die Grubenmann-Brücke eine negative Wirkung auf Oberhöri habe.» Das Bauwerk komme zu dominant daher und überstelle das Gebiet. Auch die Höremer Exekutive kam schliesslich zu diesem Schluss und nahm entsprechend Stellung: «Die landschaftliche und die ortsbauliche Eingliederung vermögen in keiner Weise zu überzeugen.» Aus diesem Grund werde es abgelehnt.
Eine weitere Einwendung kam aus Oberglatt. Die Gemeinde, die von den Plänen erst durch die Ausschreibung erfuhr, ist der Ansicht: Die Brücke ist historisch wichtig und ein Zeitzeuge der Gemeinde Oberglatt, wie der Gemeinderat Ende Jahr schreibt. Sie werde in der Gemeindechronik von Beat Frei aus dem Jahr 2011 mit Fotos illustriert. Ebenfalls erwähnt werde sie in der Diener-Chronik der Gemeinde aus dem Jahr 1863. Man sei daher der festen Überzeugung, dass die alte Oberglatter Brücke wieder zurück nach Oberglatt kommen soll. Ein Standort müsste gemeinsam mit dem Kanton gesucht werden.
Zwei mögliche Standorte hat der Oberglatter Gemeinderat vorgeschlagen. Einer davon liegt gemäss Gemeindeschreiber Dominic Plüss beim Bachweg, wo der Stegligraben in die Glatt mündet. Dort habe vor Jahren schon einmal eine provisorische Brücke gestanden. Der andere befindet sich im Gebiet beim Schützenhaus Oberglatt Richtung Niederglatt. «Dort gibt es weit und breit keinen Übergang über die Glatt.» Ob die Brücke an diesen Orten technisch und vom Hochwasserschutz her möglich sei, werde vom Kanton abgeklärt.
Weshalb sich Oberglatt nicht selbst schon früher um «seine» alte Brücke bemüht hat? «Dort, wo sie jetzt steht, befindet sie sich an einem bewährten Standort», sagt Plüss. Es habe auch aus Kostengründen keine Veranlassung gegeben, von sich aus etwas zu unternehmen. Nun sei aber eine andere Situation, da die Brücke ohnehin verlegt werden müsse. Vorgängig mit der Gemeinde Oberglatt das Gespräch gesucht habe man nicht, weil das Bauwerk in Rümlang stehe, erklärt Thomas Maag. Aber der Kanton habe auch Standorte in Oberglatt geprüft. «Diese haben sich aber alle als nicht geeignet herausgestellt.»
Über den Zeithorizont für die Zügelaktion herrscht noch Ungewissheit. «Zuerst müssen alle Einwendungen abgearbeitet werden», so Maag. Diese würden dann geprüft und – falls sinnvoll – ins Projekt eingearbeitet. Danach wird das Bauprojekt öffentlich aufgelegt. Dann können nur noch Direktbetroffene, die Standortgemeinde oder dazu berechtigte Organisationen Einsprache erheben. Diese Einsprachen werden mit der Projektfestsetzung (Baubewilligung) vom Regierungsrat entweder gutgeheissen oder abgewiesen. Danach haben Einsprechende, die mit dem Entscheid des Regierungsrats nicht einverstanden sind, die Möglichkeit, den Entscheid ans Verwaltungsgericht und danach ans Bundesgericht weiterzuziehen.
Die Holzbrücke Glatt in Rümlang ist die älteste der wenigen noch erhaltenen Brücken der Baumeister Grubenmann. Sie wurde 1767 von Johannes Grubenmann in Oberglatt erbaut und hat eine Spannweite von etwa 27,5 Metern. 1921/22 wurde die Brücke restauriert und verstärkt. 1950 wurde sie im Zusammenhang der Glattabsenkung demontiert und in Rümlang wieder aufgebaut. 2015 wurde eine ungenügende Tragsicherheit festgestellt. Seither ist sie für Motorfahrzeuge gesperrt.
Bettina Sticher
Lade Fotos..